Also ich kann euch auf jeden Fall sagen, dass ich auch mit dem ersten Teil der Reihe damals auf der PlayStation 2 keine schlaflosen Nächte hatte. Allerdings ertappte ich mich durchaus oft, dass ich beim Spielen sehr angespannt war. Dafür sorgten ein anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad und die Tatsache, dass Geister immer wieder erschienen sind und das an zufälligen Orten, auch wenn man in einem Raum bereits einen erledigt hatte. Das war es auch, was diese Anspannung verursacht hatte. Die permanente Ressourcenarmut und das Gefühl, dass jeder der letzte sein könnte. Doch das ist bereits mehr als ein Jahrzehnt her, und wie wir alle wissen, haben sich Spiele und auch ihr Gameplay geändert. Diese Veränderungen machen auch vor der Project-Zero-Reihe nicht Halt. Doch beginnen wir von vorne.
Die Geschichte dreht sich ähnlich wie im dritten Teil um drei verschiedene Personen, die allesamt eines gemeinsam haben: Sie begeben sich zum Berg Hikami, der einst beliebtes Ausflugsziel für Touristen war. Doch im Laufe der Zeit häuften sich mysteriöse Selbstmorde, die sich auf dem idyllischen Berg zutrugen. Man munkelte, dass dies der düsteren Vergangenheit des Berges geschuldet sei. Man erzählt sich, dass Dutzende Priesterinnen von einem Unbekannten niedergemetzelt wurden und deren Geister ihr Unwesen treiben und labile Personen auf den Gipfel locken. Auch Yuuri, Ren und Miu haben eine Verbindung zum Berg, obwohl sie jeweils andere Ziele verfolgen. Yuuri nutzt ihre übersinnlichen Fähigkeiten, um vermisste Menschen zu finden, und Ren hat seit Wochen Alpträume vom Berg, seitdem er sich der Leichenfotografie gewidmet hat. Zu guter Letzt befindet sich Miu schon von Anfang an auf dem Berg und wird von ihm verschlungen.
Wer die Serie kennt, der weiß, dass sie vorrangig von ihrer Mystik lebt, die von alten japanischen Traditionen ausgehen. Das ist hier nicht anders. In den Wäldern des düsteren Hochlands befinden sich verwaiste Tempel und Schreine, die auch optisch liebevoll gestaltet sind. Doch wir beginnen in einem Gasthaus, dass vor einiger Zeit niedergebrannt ist. Hier lernt Yuuri ihre übersinnliche Fähigkeit kennen, die von ihrer Mentorin begleitet wird. Gleichzeitig dient dies als Tutorial, um die Steuerung kennenzulernen. Im gewohnt gemächlichen Tempo schleichen wir durch die Gänge, begleitet von dieser bedrohlichen Stimmung, die mit der ruhigen, aber dennoch durchdringenden Soundkulisse unterstrichen wird. Das erzeugt diese großartige Atmosphäre, die auch bereits die Vorgänger ausgemacht hat. Es dauert auch nicht lange, bis wir den ersten Geist antreffen, der uns in die Anderswelt befördern möchte. Doch wir sind auch hier mit der Camera Obscura bewaffnet, ein schier mittelalterlicher Fotoapparat, dem die Fähigkeit nachgesagt wird, die Seelen von Lebewesen einfangen zu können. Hier eignet sich das Tablet der Wii U perfekt als Objektiv. Durch den Gyrosensor visieren wir Feinde an und knipsen drauflos, um ihnen ihre Lebensenergie zu absorbieren. Einfach drauflosknipsen ist aber nicht das Ziel, denn es gibt effektivere Wege, die Geister zu vernichten. Wichtigster ist das Fatal Frame. Dieser wird erreicht, wenn man auf den Abzug drückt, sobald die Geister angreifen wollen und einem nahe sind. Das ist auch der Moment, der im Eifer des Gefechts die richtige Gänsehaut beschert.
Hier haben wir aber auch einen Schwachpunkt der etwas behäbigen Steuerung: Verschwindet ein Geist kurzzeitig, während wir durch den Zielsucher sehen, drehen wir uns nur sehr langsam um die eigene Achse. Und falls wir getroffen werden, wird die Third-Person-Ansicht wieder aktiviert, was natürlich auch die Steuerung ändert. Im Eifer des Gefechts im Kampf mit bis zu drei Geistern oder gar Bosskämpfen in engen Räumen kann einem das sehr zu schaffen machen und unnötige Lebensenergie kosten. Wobei das bereits seit Teil 1 der Fall war. Was mich allerdings mehr stört, ist die Tatsache, dass der allgemeine Schwierigkeitsgrad nach unten korrigiert wurde. Früher, wenn ein Geist vor der Linse verschwand, herrschte Panik, da man panisch den Raum nach Zeichen des Gegners abgesucht hat. Jetzt zeigt ein Pfeilsymbol am Bildschirmrand auf jeden Geist. Dieses erscheint auch für storyrelevante Dokumente und Heilgegenstände, die in der Umgebung herumliegen. Letztere sind übrigens genauso wie Munition in Form von Filmen für die Kamera, so zahlreich auffindbar, dass man nie in die Verlegenheit kommt, Angst davor zu haben einmal mit leeren Händen dazustehen. Für ein Spiel, das dem Survival-Horror-Genre angehört, ist das etwas widersprüchlich.
Um dem entgegenzuwirken, hat man die Thematik des Wassers etwas mehr in das Spiel eingebunden. Ist eure Spielfigur durchnässt, sei es durch Regen oder einen Angriff durch einen Geist, so werdet ihr empfänglicher für die spirituellen Kräfte des Berges. Heißt: Ihr seid leichter angreifbar. Schlimmer noch: Werdet ihr in einem Kampf von dem schwarzen Wasser umhüllt, nehmt ihr stetig Schaden, solange bis der Feind erledigt ist oder ihr ein Item zur sofortigen Trocknung der Klamotten nutzt. Dies gestaltet den Kampf etwas brisanter, allerdings nur ein wenig. Bei meinem ersten Durchgang bin ich nur selten in die Bredouille geraten, ein solches Item zu verwenden. Gespielt habe ich auf Schwierigkeit „normal“, ein leichter Schwierigkeitsgrad ist zwar ebenso vorhanden, war aber nicht notwendig. Schwer wird‘s bei manchen Kämpfen nur aufgrund der beengten Platzverhältnisse in einem Raum, wenn auf einmal zwei bis drei Geister angreifen und von allen Seiten kommen. Durch den Suchpfeil am Bildschirmrand kann man mit etwas Übung trotzdem die Feinde gut ausmanövrieren.
Trotz der Mängel, die Project Zero 5 aufweist, hat sich Tecmo Koei sichtlich Mühe gegeben, ein durchweg gruseliges Spiel für Nintendos Wii U zu zaubern, was sie meines Erachtens auch gut geschafft haben. Obwohl man auf dem normalen Schwierigkeitsgrad mehr als genug Items und Filme bekommt, um sich der Geister einfach zu erwehren, bleiben die Kämpfe trotzdem spannend und sorgen für wohligen Schauer. Anfangs nervt der lineare Spielablauf etwas und nicht immer finden die Entwickler den richtigen Punkt für das Ende einer Episode, aber im Kern ist das Spiel ein Project Zero, wie wir es von der Serie gewohnt sind. Meines Erachtens ein Spiel, das man gespielt haben sollte. Vor allem wenn man Fan von Gruselspielen ist.