Gran Turismo 5 im Test

Für die schnelle Runde zwischendurch bietet sich der klassische Arcade-Modus an. In drei Schwierigkeitsgraden legt ihr euch hier mit KI-Fahrern an, auch Zeit- und Drift-Rennen sind möglich. Im Arcade-Mode können sich via Splitscreen auch zwei Spieler duellieren, online sind hingegen Renngelage mit bis zu 16 Sofa-Fahrern möglich. Der Praxis-Test klappte reibungslos, selbst bei voller Spielerzahl waren keine Ruckler oder Lags zu beanstanden. Unverständlich ist lediglich, warum Standard-Funktionen wie Match-Making fehlen. So kann der Online-Modus zu mühsamer Sucherei verkommen.
 

Im Mittelpunkt steht jedoch der Karriere-Modus, in dem wiederum die A-Spec-Wettkämpfe eine beherrschende Stellung einnehmen. In unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und Klassen unterteilt, warten hier unzählige Renn-Events und Meisterschaften auf den Wohnzimmer-Alonso. Abwechslung gibt's hier en masse: Bei speziellen Hersteller-Rennen sind nur bestimmte Modelle wie VW Lupo, Mercedes oder Lamborghini zugelassen, bei anderen Events dürfen nur Boliden mit Heckantrieb oder einem bestimmten Gewicht teilnehmen.

Während einige Veranstaltungen nur aus einem einzigen Rennen bestehen, bietet eine Weltmeisterschaft aus einer ganzen Abfolge von Renntagen, die nacheinander in einer Reihe gewonnen werden wollen. Für seine Mühen erhält der Fahrer neue Rennschlitten, Erfahrungspunkte und reichlich Zaster. Während höhere Level-Stufen weitere (Special-)Events freischalten, lässt sich gewonnenes Kleingeld in neue Rennwagen oder das Tuning eures bestehenden Fuhrparks investieren.

Bastler kommen hier definitiv auf ihre Kosten: Motor und Turbo-Aggregate lassen sich in mehreren Stufen aufrüsten, bessere Getriebe stehen ebenso zur Wahl wie Sperrdifferential und Sportauspuffe. Zudem lässt sich das Gewicht verringern und der Reifensatz austauschen. Regelmäßiges Aufrüsten ist nicht nur ein nettes Gimmik am Rande, sondern essentiell wenn man spätere Wettbewerbe in Gran Turismo 5 für sich entscheiden will. Desweiteren setzen einige Events besondere Rennlizenzen voraus. Um die Fahrschule erfolgreich zu absolvieren, muss mal punktgenau gebremst, eine bestimmte Rundenzeit unterschritten, oder ein Fahrerfeld überholt werden.
 

Die B-Spec-Rennen sind identisch zu den A-Spec-Events - mit einem kleinen aber feinen Unterschied. Hier klemmt man sich nicht selbst hinter's Steuer, sondern lässt einen KI-Kollegen auf die Piste. Boxenfunk-mäßig könnt ihr ihm anschließend rudimentäre Befehle wie "schneller", "langsamer", "Geschwindigkeit halten" und "Überholen" geben. Hierbei muss jedoch der Stress-Level beachtet werden, im roten Bereich ist euer KI-Fahrer besonders fehleranfällig.

In der Praxis haben viele Anweisungen keinen übermäßigen Effekt auf die Fahrweise, weshalb es sich meist anbietet, den KI-Komparsen einfach in eine übermotorisierte Rennschüssel zu stecken und die Daumen zu drücken. Immerhin erhält der KI-Pilot für gewonnene Rennen nicht nur Erfahrungspunkte, auch euer Kontostand wird wie bei den A-Spec-Rennen aufgebessert. Somit eignet sich B-Spec wunderbar zur Eigenkapitalaufstockung, während man sich selbst wichtigeren Dinge wie Hausaufgaben oder Freundin widmen kann.

Komplettiert wird der Karriere-Modus vom Trainings-Mode, wo jede Strecke stressfrei ohne gegnerische Mitfahrer eingeübt werden kann, und einem Tuning-Shop ("GT Auto") der neben Öl-Wechsel und Wäsche auch Reparaturen und Lackierungen durchführt. Fans von Xzibit dürfen hier auch stylische Bling Bling-Spoiler erwerben und in begrenztem Maße die Karosserie pimpen.

Als echtes Sahnehäubchen entpuppen sich die separat von den A-Spec-Turnieren aufgeführten Special Events. Je nach aktueller Erfahrungsstufe werden hier ganz besondere Veranstaltungen freigeschaltet: Kart- und Rallye-Rennen stehen ebenso zur Auswahl wie die AMG-Fahrschule und ein Road-Trip durch Italien. Zwar können die Rallye- und Formel 1-Kompetitionen vom Umfang her nicht mit eigenständigen Vollpreisprodukten mithalten, eine nette Abwechslung vom Racing-Allerlei sind sie aber allemal.

Mehr versprochen habe ich mir hingegen vom mitgelieferten Strecken-Editor. Statt hier Rundkurse frei entwerfen und anschließend mit optischen Randobjekten aufwerten zu können, lässt sich lediglich ein "Theme" auswählen und anschließend die Strecke in mehrere Segmente unterteilen. Für jedes Segment lässt sich nun die Spur-Breite und der Schwierigkeitsgrad (= mehr Kurven) bestimmen, es lässt sich aber nicht festlegen, wann genau welche Kurve verbaut werden soll. Somit ist jede User-Piste mehr oder weniger zufallsgeneriert - schade!

Auf der silbernen GT5 Blu-ray tummeln sich knapp 1000 Fahrzeuge fast aller namhaften Hersteller. Zwar liegt der Fokus wieder mal auf japanischen Unternehmen wie Toyota, Honda & Co., doch ist die Diskrepanz zu europäischen und amerikanischen Autoschraubern nicht mehr so krass ausgefallen wie bei früheren Gran Turismos. Neben Standard-Vehikeln wie Mercedes C-Klasse, VWL Golf oder Honda Civic finden sich sowohl hochgezüchtete Race Cars, als auch Nascar-Boliden, Konzept-Wagen, Rallye-Schlitten, Formel 1-Autos und und und im Fuhrpark. Sogar ein VW Kübelwagen aus dem zweiten Weltkrieg hat sein Plätzchen in der Garage gefunden. Dieser Umfang und diese Mischung - das macht Gran Turismo keiner der Mitbewerber nach, auch wenn bei der Anzahl leicht geschummelt wird - so finden sich etliche Modelle in unterschiedlichen Jahrgängen und Sportversionen gleich mehrfach im Sortiment.

Das Gameplay entspricht früheren GTs - you'll hate or love it. Im Vergleich zur großen Forza-Konkurrenz auf der XBox steuern sich die Fahrzeuge eine Spur schwammiger. Unterschiede im Fahrverhalten zwischen den einzelnen Modellen nimmt man deutlich wahr, so bricht ein Ferrari viel schneller aus als ein Mercedes SLR. Auch Front- oder Heckantrieb, Gewicht und vor allem der verwendete Reifentyp wirken sich spürbar aufs Handling aus. Die KI wurde rudimentär verbessert, allerdings hätte ich mir angesichts der PS3-Pferdestärken mehr erhofft. Waghalsige Überholmanöver und gezieltes Abblocken sind nach wie vor eher selten, auch tritt der berüchtigte Perlenketteneffekt wieder auf. Allerdings ist das Fahrerfeld in puncto Können nun differenzierter und größeren Schwankungen unterworfen - schön, wenn auch mal die KI im Kiesbett landet.

Vor allen an der Präsentation wird deutlich, dass Gran Turismo 5 der letzte Feinschliff fehlt. Seiten war ein Top-Titel derartigen optischen Schwankungen unterworfen. Auf der einen Seite stehen die brandneuen Strecken, die extra für GT5 entworfen wurden. Speziell die Stadtkurse wie Madrid, Rom oder London wurden mit einer wahnsinnigen Akribie nachgebaut und mit unzähligen grafischen Details versehen. Fotorealistische Häuserfassaden säumen den Streckenrand, Wahrzeichen und charismatische Gebäude wurden am richtigen Standort und naturgetreu modelliert in die virtuellen Metropolen verpflanzt.

Auf der anderen Seite trüben Rundkurse das Bild, die fast schon spartanisch anmuten. Vor allem Classic-Strecken aus früheren Gran Turismos fallen unter diese Kategorie; Das verpixelte Bitmap-Blätterdach eines Deep Forest Raceways wäre in der PS3-Frühzeit besser aufgehoben gewesen. Scheinbar wurden hier die PS2-Raceways in letzter Minute auf HD getrimmt und ins Spiel integriert, um mit mehr Rennstrecken punkten zu können.

Diese Zweigleisigkeit setzt sich bei den Fahrzeugen munter fort. Das Spiel selbst differenziert hier zwischen Premium- und Standard-Karossen. Erstere wurden mit mehr Polygonen und optischen Details versehen, auch verfügen Premium-Boliden im Gegensatz zu ihren Standard-Counterfeits über ein vollständiges Cockpit-Interieur und ein (eingeschränktes) Schadensmodell. Knapp 200 Vehikel fallen unter diese Kategorie. Gegen diese Vorgehensweise ist an sich nichts einzuwenden, es ist klar, dass man nicht jedes der Sage und schreibe 1.031 Fahrzeuge mit der gleichen Detailversessenheit nachbauen kann. Allerdings ist der qualitative Unterschied erheblich - vor allem die billigen Textur-Scheinwerfer der Standard-Renner wollen nicht so ganz zur übrigen Hochglanz-Optik passen. Ein kleiner Trost: In den pfeilschnellen Rennen dürften euch derartige Unterschiede nur selten auffallen.

Ich habe eigentlich kein Problem mit einer stellenweise unspektakulären Grafik. Die kleineren Makel werden von den fotorealistischen Premium-Rennwagen und den GT5-exklusiven Strecken mehr als wettgemacht. Viel mehr wurmen mich in Zeiten hochgezüchteter Grafikchips technische Patzer: Gran Turismo 5 leidet unter erheblichen Tearing-Problemen. Nahezu bei jedem Überholvorgang wird das Bild zerrissen, vor allem bei optisch aufwendigen Strecken wie London. Ein absolutes No-Go und Gift für das ansonsten famose Geschwindigkeitsgefühl. Gelegentliches Tearing war zwar schon im Prologue-Vorgänger zu beobachten, so ausgeprägt und oft wie im finalen Gran Turismo 5 ist es aber nicht aufgetreten. Ich kann nur hoffen dass Polyphony Digital hier via Patch nachbessert. Optimierungsbedürftig sind auch die ausgefransten Schatten und arg billigen Regeneffekte.

Auch die versprochene Gesichtserkennung via PlayStation Eye und der 3D-Modus verdienen das Prädikat "Nicht fertig". Mit ersterem lassen sich Kopfbewegungen ins Spiel übertragen, man kann sich während der Fahrt im virtuellen Cockpit umschauen. Soweit die Theorie - im Feldversuch wurden die meisten Bewegungen nicht erkannt, nur hin und wieder ließen sich kleine Neigungen nach links und rechts beobachten. Die 3D-Unterstützung konnte nicht einmal Yamauchi himself überzeugen, was er in einem Interview unumwunden zugab.

Scheinmal wurde das stereoskopische 3D auf Druck von Sony implementiert, um mehr entsprechende Fernseher verhökern zu können. Leider kranken "dreidimensionale" Fahrten unter erheblichen Ghosting-Fehlern und einem unbefriedigenden Tiefen-Effekt. Drop-Out-Effekte waren gar nicht zu beobachten. Selbst Besitzer kompatibler Geräte werden sich wohl auf die zweidimensionale Wiedergabe beschränken.