White Knight Chronicles im Test

Im Einzelspielermodus erwartet den geneigten RPG‘ler eine zelda-eske Hintergrundgeschichte, die zunächst durch ihr ausgelutschtes »Rette die Prinzessin«-Schema langweilt, im weiteren Spielverlauf jedoch zahlreiche Wendungen und spannende Momente offenbart. Insgesamt wird man 40 Stunden unterhalten, was gängigem Rollenspiel-Standard entspricht.

Leider kratzt das verkorkste Charakterdesign an der dichten Atmosphäre. Die Protagonisten könnten genauso gut einem nordkoreanischen Anime-Plagiat entsprungen sein. Yulie entpuppt sich als austauschbare 0815-Mangagöre, Leonard ist derart testosteronarm, dass selbst Justin Biber zu einem Chuck Norris mutiert. Obendrein ist euer virtuelles Alter Ego ein im Charaktereditor zusammengeschusterter Nobody, der sich an keinerlei Dialogen beteiligt und folgerichtig auch in keinen Cutscenes auftaucht. Manch einer wird sich hier an Jay und Silent Bob erinnert fühlen.

Ihr steuert eure zumeist dreiköpfige Party durch lineare Pfade, könnt jedoch via Weltkarte an bereits besuchte Orte zurückkehren, was forschen Abenteurer-Naturen gefallen wird. Trotz ihres modularen Aufbaus sind die Areale recht komplex und verwinkelt, die Freizügigkeit verschiedener West-RPGs wird jedoch zu keinem Zeitpunkt geboten. Zudem leiden eure Recken, die sich nicht selbst steuern lassen, unter einer KI auf Forrest Gump-Niveau. Hier wäre noch etwas Feintuning von Nöten gewesen.

Das Kampfsystem orientiert sich an Final Fantasy XII - die Gegner sind jederzeit sichtbar und werden auch direkt in der Umgebung bekriegt. Die Scharmützel erfolgen allerdings nicht in Echtzeit, sondern sind strikt menübasiert. Die Komposition der Angriffstaktiken erinnert wiederum an Final Fantasy XIII. Zauber, Items und rustikale Hau-drauf-Medleys werden zu Aktionsplatten kombiniert, deren Slots indes begrenzt sind. Mit der dreizehnten finalen Fantasie ist ebenfalls das »breaken« besonders imposanter Widersacher gemein. Die gegnerischen Kolosse lassen sich in die Luft schleudern oder umstürzen, woraufhin ihr ganze Comboketten ohne Gegenwehr entladen könnt. Alles in allem ist der Schwierigkeitsgrad in den Einzelspielerepisoden jedoch eher lasch ausgefallen.

Special Moves verbrauchen sogenannte Action-Chips, die sich im Laufe des Kampfes regenerieren. Besonderen Chips-Hunger hat auch der namensgebende gigantische Ritter, in den man sich verwandeln kann, um den Feind auf fulminante Art und Weise in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Leider werden euch des Öfteren die immer gleichen Standard-Monster in unterschiedlichen Farbstrichen erneut aufgetischt. Hier bietet die Konkurrenz deutlich mehr Abwechslung.

Seine wahre Faszination entwickelt White Knight Chronicles erst im Online-Modus. Satte 50 Quests sorgen für kurzweilige Multiplayer-Action, wobei die Auftragslage von »Erreiche lebend das Ziel« bis zu Begleitschutz und Bossfights reicht. Die Mini-Abenteuer sind stellenweise recht aufwendig, anspruchsvoll und erfordern echte Team-Arbeit. Die Koordination erfolgt dank Voice-Chat in der Regel reibungslos - da werden selige PSO-Erinnerungen wach!

Nach gewonnener Schlacht könnt ihr Kampfgefährten noch ins eigene Georama einladen. In diesem Modus bastelt ihr euch nach und nach eine eigene kleine Stadt; baut Häuser, pflanzt Vegetation an und bestellt Felder. Nach und nach siedeln sich NPCs an, die wertvolle Items verteilen oder Shops eröffnen. Ein spaßiges Gimmick, das der Langzeitmotivation ungemein zugute kommt! Sowohl die Zusatz-Quests, als auch das Georama lassen sich ebenso offline absolvieren.

Der Präsentation merkt man das Alter von White Knight Chronicles leider deutlich an. Die Geometrie der Protagonisten wirkt simpel, die Texturen matschig und hin und wiederholt kommt es zu Ruckeleinlagen. Zudem ploppen Widersacher und NPCs teilweise plötzlich ins Bild. Was der Titel an technischer Rafinesse vermissen lässt, macht er jedoch durch stilistisch sehr schön gestaltete Areale mit hoher Weitsicht wett. Außerdem sind ausgefuchste Grafikroutinen bei einem Rollenspiel zu vernachlässigen.