Virtua Fighter 4 Evolution im Test

PlayStation2
In einem längst vergangenen und vergessenen Zeitalter, als 2D Beat'em Ups das Zenit ihrer Evolution erreicht hatten und der erbitterte Krieg zwischen SNK und Capcom aufflammte, ging die kreative Entwicklertruppe von AM2 andere Wege...


Akira darf in keinem Virtua Fighter fehlen...


Bereits im Jahre 1992 konnten die Mannen um Yu Suzuki Erfahrung in der 3D-Programmierung sammeln, als sie den Meilenstein Virtua Racing für das brandneue Model 1 Arcade Board entwickelten. Nichts lag näher, als ein Jahr später das gewonnene Knowhow für das weltweit erste 3D Kampfspiel zu nutzen. Virtua Fighter revolutionierte das Genre: Geschmeidige Animationen, gefärbte, räumliche Polygon-Flächen und das schon damals unverwechselbare Spielgefühl ergaben eine sinnvolle Symbiose. Logisch, dass ein Nachfolger nicht lang auf sich warten ließ! Virtua Fighter 2 erlangte besonders im Heimatland Japan große kommerzielle Erfolge und führte die Linie des Vorgängers konstant fort. Dank Model 2 erstrahlten die bekannten Charaktere in neuem Glanz, besonders die Umgebung konnte jetzt durch feine Texturierung begeistern, auch das auf Realität getrimmte und ohne Feuerbälle und HokusPokus auskommende Gameplay wurde weiter verfeinert. Konkurrent Namco schuf erst mit Tekken 3 eine ernsthafte Alternative, der damalige Gegenspieler Tekken 2 konnte nicht 100% mit dem SEGA-Pendant gleichziehen.
2 Jahre später nutze Sega die beliebte Kampfsport-Serie, um ihr brandneues Model 3 Arcade-Board zu vermarkten. Nie wurden mehr Polygone in einem Videospiel herumgewirbelt, zudem wurde dank Filtering und AntiAliasing eine aufpolierte, kantenfreie Optik geboten. Durch den innovativen "Evade"-Button hatte man erstmals die Möglichkeit, komplett in den Raum auszuweichen und so die dritte Dimension für Attacken zu nutzen.


Neuzugang Brad...


Im Jahre 1997 erfuhr das Game ein Update, welches neben den gewohnten Spielmodi einen "Team Battle"-Modus bot. Diese Version wurde später als Launch-Titel für die Dreamcast-Konsole umgesetzt und mutierte dank gewohnt brilliantem Gameplay zur Killerapplication. Wo viel Licht ist, ist auch Schatten: Die Umsetzung war teilweise schlampig, die Texturen erreichten nicht ganz die Qualität des Originals und die PAL-Fassung enttäuschte durch Balken und 50Hz Spaßbremse. 2000 begannen Yu Suzuki und Co. schließlich mit der Entwicklung des nunmehr vierten Teils der Saga und überzeugten ein Jahr später mit intelligenten Verbesserungen. Im Mai 2002 wurde schließlich ein PlayStation 2-Port von Virtua Fighter 4 veröffentlicht, der problemlos die Spitze der 3D Beat'em Ups erklimmte. Leider war die Konsolenedition alles andere als perfekt, vor allem die flimmernde und detaillose Optik enttäuschte. Grund genug für SEGA mit Virtua Fighter 4 Evolution in Spielhalle und auf Heimkonsole ein rundum erneuertes Update zu veröffentlichen, das die wenigen Schwachpunkte des Nachfolgers ausmerzen soll.



An Coolness nicht zu übertreffen, Judoka Goh...


Nach dem Einschalten der Konsole (wer im richtigen Moment die (O)-Taste drückt hört den kultigen "SEGA"-Soundsample) erwartet euch ein typischer Vorspann, der durch stimmigen Sound und schnelle Schnitte bereits andeutet, was für fulminante Action euch erwartet. Wenige Augenblicke später findet ihr euch im Hauptmenü wieder, das sich gewohnt "stylish" präsentiert und folgende Spielmodi offenbart: Allen voran kommt der klassische Arcade-Mode: Ganz wie in der Spielhalle tretet ihr hier nach und nach gegen sämtliche Fighter des Games an und versucht am Ende gegen den schon aus den Vorgängern bekannten Endboss Dural zu bestehen. Nach den Credits habt ihr dann die Möglichkeit euch ins Rankingsystem einzutragen – der eigentlich standardmäßige Renderabspann aus Tekken und Co. fehlt komplett. Ganz wie die Konkurrenz bietet natürlich auch das neueste Virtua Fighter einen Versus-Modus, wo ihr gegen eure Kumpels besteht. Der ungewöhnliche "Kumite"-Modus aus Virtua Fighter 4, eine Art aufgemotzter Survival-Mode, in dem sämtliche Niederlagen und Triumphe eures Alteregos verzeichnet werden, um die Karriereleiter nach oben zu klettern und coole Extras wie Sonnenbrillen und Hüte freizuspielen hat einen genialen Nachfolger erhalten. Im "Quest"-Modus besucht ihr verschiedene Spielhallen Japans und kämpft unter erschwerten Bedingungen. So ist z.B. gefordert einen Kampf nur durch Kicks und Fussfeger zu gewinnen! Für eure Siege erhaltet ihr nach wie vor kultige Items, die den Look eures Charas verbessern oder virtuelles Geld. Letzteres tauscht ihr im Shop gegen div. Schmuckstücke oder abgefahrenes Zeug ein: Wallpaper, Gameplaymovies (freakige Japaner, die unmenschlich-schwere Moves mit einer Hand ausführen!) und Virtua Fighter 1-Models warten nur darauf, freigeschaltet zu werden. Insgesamt bietet der Quest-Mode ganze 1500 geheime Objekte, die euch für Wochen ans Pad fesseln werden.


Jacky verpasst seiner Schwester einen schweren Magenhieb...



Brad in seinem Kickboxeroutfit...


SEGA scheint sich die Kritik der Zocker am dritten Teil zu Herzen genommen zu haben und hat die aktuelle Episode durch einen ausgefeilten Trainings-Modus erheblich einsteigerfreundlicher gestaltet. Hier wird vom Grundangriff (Schlag, Tritt und Block) bis zum professionellen Combo alles genauestens erörtert und analysiert. Toll sind besonders die einzelnen Lessons gelungen, Stück für Stück werdet ihr in einzelnen Aspekten des virtuellen Kampfsports, wie z.B. Ausweichen und Konter, trainiert – bis ihr schließlich euren Lieblingsfighter meisterlich beherrscht. Das Gameplay ist in der Kampfspielszene einzigartig. Realistisch und anspruchsvoll präsentiert sich auch die Evo-Edition. Auf jeden Punch und auf jeden Griff gibt es eine passende Antwort, das Einarbeiten in die komplexe Virtua Fighter-Materie kommt einem Studium gleich. Der A.I.-Mode aus dem Original Virtua Fighter 4 wurde gestrichen: In diesem innovativen Modus konntet ihr einem CPU-Fighter verschiedene Moves beibringen, die sich euer virtuelles AlterEgo merkte und eigenständig im Kampf anwendete. Euer streitbares "Tamagotchi" konntet ihr dann in diversen Modi oder gegen das Exemplar eines Freundes antreten lassen. Im Gegenzug wurde die Intelligenz der Computergegner in der Evo-Variante gegenüber der ursprünglichen Version (der größte Pluspunkt von Virtua Fighter 4) nochmals stark verbessert. SEGA gelang dieses Meisterstück, indem sie die kompletten Kampfstile von echten japanischen Virtua Fighter-Profis ins Programm integrierten! Realistischer dürfte sich nur ein Online-Modus (vielleicht in Virtua Fighter 5?) anfühlen. Einen Team Battle-Modus hat auch die Evolution-Variante leider nicht zu bieten.


Die Charaktere können beliebig eingekleidet werden...


Neben den 13 Standardcharakteren haben zwei neue Haudegen ihren Weg ins Programm gefunden, "Goh", der Judoka beherrscht und "Brad", ein muskulöser Kickboxer. Von Anspruch und Movevielfalt können sich die beiden Neuzugänge problemlos mit der alten Kämpferriege messen, die beiden neuen Kampfstile passen harmonisch ins Virtua Fighter-Portfolio. Zudem wurden die Move-Listen der "Senioren" nochmals kräftig aufgebohrt, wodurch der Schwierigkeitsgrad, einen Charakter perfekt zu beherrschen, merklich ansteigt. Obwohl das Programm stehts fair bleibt und keinen vor unlösbare Aufgaben stellt, sollten blutige Beat'em Up Anfänger lieber zur Konkurrenz aus dem Hause Namco greifen. Tekken 4 bietet zwar eine minderwertige Präsentation und lässt ein wenig Tiefgang vermissen, dafür ist es erheblich einsteigerfreundlicher.


Lei's schnelle Combos sollte man nicht unterschätzen...


Bereits an der Einleitung konnte man erkennen, dass ein Virtua Fighter seit jeher technisch auf der Höhe der Zeit war, auch Teil 4 bildet da keine Ausnahme. Ursprünglich für das Naomi 2 Arcade-Board entwickelt, beeindruckt die Automatenversion mit unglaublich detaillierten Arenen und superb texturierten Kämpfermodellen. Ein Großteil dieser Grafikpracht ist sicherlich dem recht üppigen Grafikspeicher (32 MB) zu verdanken, logisch, dass die PS2 mit ihrem "Flaschenhals" da nicht mithalten konnte und das Game Federn lassen musste. So enttäuschte das PS2 Virtua Fighter 4 vor allem durch die flimmernde und kantige Optik. Im Evo Update wurde der Polygon-Count der Charas erhöht, selbt der geschulteste VF-Zocker wird jetzt keine Unterschiede mehr zum Spielhallenoriginal ausmachen können. Die absolut geschmeidigen Animationen und die detaillierten Haut- und Kleidungstexturen befinden sich auf dem gleichen hohen Niveau des Vorgängers. Die schwitzige, spiegelnde Haut Akiras flimmert beinahe fotorealistisch über den Bildschirm. Die Kampfarenen blieben größtenteils unangetastet, bieten jetzt jedoch prächtigere Farben und etwas mehr Details. An die Spielhallen-Version kommen jedoch auch die Virtua Fighter 4 Evolution Hintergrundtapeten nicht ganz heran.


Auch die Damen können richtig austeilen...


Genial sind nach wie vor die Deformationen der Umgebung: Wie im Konkurrenten Dead or Alive 3 für die Gates-Konsole hinterlassen eure Schlag- und Bewegungsmanöver realistisch Spuren in Sand und Schnee, brachiale Stürze münden in zersplitterte Fliesen und Steinwände. Insgesamt ist dem AM2-Produkt ein Platz in der Grafik-Hall of Fame der PlayStation 2 sicher. Konnte die erste Virtua Fighter 4-Version bereits das für das System 246 Arcade-Board entwickelte Tekken 4 grafisch ausstechen, so wird der Technik-Vorsprung in der Evo-Variante umso deutlicher. Die vom Dreamcast bekannte Tradition Games mit einem optionalen 60 Hz Modus auszustatten führt SEGA auch auf der PS2 konstant fort, das ist auch gut so, denn der 50 Hz Modus bietet sichtlich von Final Fantasy X inspirierte schwarze Balken und merklichen Geschwindigkeitsverlust. Die größte Neuerung gegenüber der Originalversion ist sicherlich das zweifache Anti Aliasing, welches das extrem augenfeindliche Flimmern und die nervigen Kanten der Protagonisten auf ein Minimum reduziert.


Als Zusatz gibt es eine Teil 1 Variante...


Beim Sound liefert Virtua Fighter 4 Evolution gewöhnliche Hausmannskost ab, das Hintergrundgedudel verdient weder einen Soundtrack-Award, noch stört es das Spielgeschehen, schöner sind da schon das digitale Kampfgeschrei und die Schlageffekte gelungen, die das Spielgeschehen gekonnt unterstreichen.


Andere zu treten ist nicht die feine Art...

Kai meint:

Kai

Da soll einer SEGA verstehen! Haben mit Virtua Fighter 4 die Pole Position der Kampfsportsimulationen in der Tasche und liefern trotzdem mit Virtua Fighter 4 Evolution ein rundum erneuertes Update nach, das den Vorsprung zur Konkurrenz weiter ausbaut. Durch die gestiegene Komplexität ist die Evolution eine Offenbarung für professionelle Joypad-Klopper, gleichzeitig jedoch schwere Kost für Otto-Normal Zocker. Der Quest-Modus motiviert durch seine unterschiedlichen Aufgabenstellungen wie ein Rollenspiel, Quantität und Originalität der freispielbaren Extras stimmen! Zu guter letzt wurde auch der einzige wirkliche Kritikpunkt von Virtua Fighter 4 ausgemerzt, das nervige Kantenflimmern. Insgesamt präsentiert sich der neueste SEGA-Prügler also nahe an der Perfektion - 100% Kaufempfehlung!

Positiv

  • tiefes Gameplay
  • überarbeitete Grafik
  • Monatelanger Spielspaß
Userwertung
9.8 1 Stimmen
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Virtua Fighter 4 Evolution Daten
Genre -
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 50 / 60 Hz
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit -
Vermarkter SEGA
Wertung 9.4
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neXGam YouTube Channel
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